Pressemitteilung
Schwäbisch Gmünd, 10. April 2024
Was macht einen wehrhaften Staat, eine wehrhafte Demokratie aus und welche Instrumente stehen zur Verfügung? Wie stärken wir diejenigen, die von Hass und Hetze besonders betroffen sind? Angesichts des erstarkenden Rechtsextremismus beschäftigen diese Fragen viele Menschen in Baden-Württemberg, auch in Schwäbisch Gmünd. Der Grünen-Kreisverband hat die aktuelle Debatte zum Anlass genommen und eine Veranstaltung mit Marcel Emmerich organisiert: Der Bundestagsabgeordnete ist Obmann seiner Fraktion im Innenausschuss und beschäftigt sich dort intensiv damit, wie wir entschlossen gegen Angriffe auf unsere Demokratie vorgehen können und welche Strategien gegen Rechtextremismus und Verfassungsfeinde wirklich helfen.
Vor rund 30 Besucher*innen referierte Emmerich im "Grünen Wohnzimmer", Münsterplatz 13, zunächst über die Vernetzung der rechten Szene, die von Rechtsextremen Vordenkern wie Götz Kubitscheck (Verleger und Mitbegründer der Denkfabrik „Institut für Staatspolitik“) über die Identitäre Bewegung (unter anderem Martin Sellner) und Reichsbürger-Netzwerke bis in die AfD reicht. Spätestens seit den Correctiv-Recherchen sei dies zwar keine Überraschung mehr, sagte Emmerich, aber die Ausmaße doch immer wieder bemerkenswert – beispielsweise, wenn es um die Anzahl der rechtsextremen Mitarbeiter*innen im Bundestag geht. „Seit Januar zeigen Hunderttausende Demokrat*innen in ganz Deutschland, was sie von diesen Netzwerken und ihren Plänen halten – gar nichts!“, machte Emmerich deutlich. Überall in Deutschland und im Land – auch in Schwäbisch Gmünd – seien Menschen zur größten Demonstrationsserie in der Geschichte der Bundesrepublik auf die Straße gegangen. Das sei großartig, sagte Emmerich: „Es ist enorm wichtig, dass wir hier als Demokraten zusammenstehen, unabhängig unserer parteipolitischen Färbung.“ Als Politiker sei ihm auch klar: Die Menschen erwarten etwas von uns. Viele Punkte habe die Bundesregierung schon angestoßen – beispielsweise wurde das Disziplinarrecht verschärft, so dass Verfahren gegen Beamte, die rechtsextrem sind, schneller und rechtssicher aus dem Dienst enthoben werden können. Auch der Bundespolizeibeauftragte, an den sich Beamt*innen und Bürger*innen wenden können, sei ein Meilenstein in der Innenpolitik, führte Emmerich aus. Wichtig sei außerdem die Förderung von zivilgesellschaftlichen Initiativen und Demokratieförderung. Auch die geänderte Parteienfinanzierung und Stiftungsfinanzierung seien gute Schritte.
Allerdings gebe es auch weiteren Handlungsbedarf, zum Beispiel nannte Emmerich das Demokratiefördergesetz, die konsequente Entwaffnung von Extremisten, den besseren Ausbau von Melde- und Anlaufstellen für Opfer rechter Gewalt. Wichtig sei auch der Schutz von Amts- und Mandatsträgern – Fälle von Gewalt in jüngster Vergangenheit, zum Beispiel der Angriff auf einen Grünen-Kandidaten in Amtszell machen das klar.
Ein Parteiverbotsverfahren für die AfD müsse geprüft werden: „Das sind Feinde der Demokratie – sie sind demokratisch gewählt, aber keine Demokrat*innen.“ Allerdings sei es hier sehr wichtig, „dass wir gemeinsam, Bundestag, Bundesregierung, Bundesländer, alle demokratischen Parteien gemeinsam prüfen, was rechtsstaatlich möglich ist. Dazu gehört auch ein mögliches Verbotsverfahren. Eine wehrhafte Demokratie muss ernsthaft prüfen, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden.“
Auch für die Aktiven vor Ort hatte Emmerich einige Ideen, wie sie im Kampf gegen Rechtsextremismus aktiv werden beziehungsweise bleiben können: Durch Bündnisse zur Förderung der Demokratie, Informationsveranstaltungen und Weiterbildung, die auch Strategien für den Wahlkampf beinhalten können.
Die Botschaft des Innenpolitikers: „Unsere Demokratie steht massiv unter Druck, von innen wie außen. Aber wir haben rechtsstaatliche Instrumente und wachsamen Bürgerinnen und Bürger – wir sind nicht wehrlos, wir alle sind die wehrhafte Demokratie.“
Ricarda Lang, Co-Vorsitzende der Grünen und Bundestagsabgeordnete für Schwäbisch Gmünd, unterstützte ihren Bundestagskollegen ebenfalls in seinem Anliegen, die Demokratie gegen Angriffe zu verteidigen. "Unser Auftrag als Demokratinnen und Demokraten lautet: mit guten Lösungen für die Menschen in Deutschland das Vertrauen in unsere Institutionen zu stärken", ergänzte Lang.
Kreisvorsitzende Sabine Zilligen hob in der anschließenden Diskussion hervor, dass zur Demokratie immer auch die Verteidigung einer vielfältigen Gesellschaft gehört: "Vielfalt ist unsere Stärke – Wir Grüne stehen für eine Gesellschaft, in der jeder gleichberechtigt und selbstbestimmt leben kann. Wir setzen uns für die Rechte von LGBTQ+ Personen und Menschen mit Behinderungen ein, und kämpfen gegen Barrieren und Vorurteile. Rassismus führt dazu, dass nicht alle Menschen in Deutschland sicher sind; die Angriffe von extremistischen, insbesondere von rechtsgerichteten Gruppen, bedrohen unsere demokratischen Werte zutiefst. Wenn wir als Gesellschaft lernen, Vielfalt als Bereicherung anzuerkennen und Interessen gleichberechtigt und demokratisch zu akzeptieren, schützen wir uns gegenseitig vor Gewalt, Hass, Ausgrenzung und Rassismus. Gleichzeitig stärken wir das friedliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft."
---
Information: Marcel Emmerich (32) ist Bundestagsabgeordneter der Grünen für Ulm und den Alb-Donau-Kreis. Als Obmann im Innenausschuss beschäftigt er sich unter anderem mit den Themen Demokratieförderung, Rechtsextremismus, Dienstrecht und Waffenrecht.